Andreas Thomsen-Jung

Erfahrungsbericht aus 2024

Andreas Thomsen-Jung lebt seit 2009 im kanadischen Ontario und bewirtschaftet südlich von Toronto einen 2.200 ha großen Ackerbaubetrieb. Der 44-Jährige stammt von einem landwirtschaftlichen Betrieb in Schleswig-Holstein mit Ackerbau und Schweinemast. Da er und sein Bruder in die Landwirtschaft einsteigen wollten, hat sich Andreas Thomsen-Jung damals entschieden, einen eigenen Betrieb an einem neuen Standort aufzubauen. Nach seinem landwirtschaftlichen Studium in Rendsburg arbeitete er zunächst drei Jahre auf dem elterlichen Betrieb, bevor seine Auswanderungspläne konkreter wurden. 

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Kanada: Stabile politische Situation und gleiche Wertevorstellung

Gemeinsam mit seinem Vater suchte Thomsen-Jung zunächst in Ostdeutschland nach einem neuen Standort. Als sie dort nicht fündig wurden, nahm er Kontakt zu Interfarms auf – einem Immobilienspezialisten für landwirtschaftliche Flächen im In- und Ausland. Auf diesem Weg erhielt er verschiedene Angebote von Farmen in Kanada. Thomsen-Jung reiste mit seinem Vater dorthin und besichtigte mit dem dortigen Interfarms Makler verschiedene Betriebe. Bei dem Betrieb in Ontario passten alle Rahmenbedingungen, sodass er sich relativ schnell für den Kauf entschied. „Ich habe dafür meinen Betriebsteil Zuhause und weitere Beteiligungen an meinen Bruder verkauft. Unser Vater hat uns früh in die Verantwortung genommen, sodass ich schon im Alter von 14 Anteile an unserem Betrieb hatte“, sagt Andreas Thomsen-Jung.

„Ich habe meinen Betriebsteil Zuhause und weitere Beteiligungen an meinen Bruder verkauft.“

Während seines Studiums reiste er oft mit Kommilitonen nach Polen, Rumänien, Ungarn und in die Ukraine, um die dortige Landwirtschaft kennen zu lernen. „Aber in den östlichen Ländern ist es schwierig, sich ein soziales Umfeld aufzubauen. Außerdem ist die politische Situation in Kanada sehr stabil und es herrschen die gleichen Wertevorstellungen wie in Deutschland“, erzählt er über seine Beweggründe für Kanada. 

Nähe zur Hafenstadt Hamilton

Neben dem Ackerbau betreibt er einen Getreidehandel, ein Lohnunternehmen und eine Spedition. Die Spedition führt er seit acht Jahren. Hauptsächlich fährt er Mais und Weizen in die USA und kommt mit Sojabohnen zurück, weil es in der nahe gelegenen Stadt Hamilton eine große Ölmühle gibt. Ein weiteres Vorteil seines Standorts ist, dass Hamilton eine Hafenstadt ist. „Dadurch haben wir enorme Vorteile bei den Frachtkosten und erwirtschaften im Durchschnitt so viel wie die Top-Regionen“, sagt der Landwirt. Seine gesamte Anbaufläche besteht aus schweren Tonböden. 

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Politiker stehen der Landwirtschaft nahe

Thomsen-Jung beschäftigt insgesamt 15 Mitarbeiter, die damals im Betrieb waren, konnte er alle übernehmen. Die Arbeitsmarktsituation sei vergleichbar mit der in Deutschland. „Als landwirtschaftlicher Arbeitgeber konkurrieren wir mit der Industrie. Deshalb müssen wir Industrielöhne zahlen – gute Mitarbeiter sind rar und kosten Geld“, weiß er. 

„In der Politik gibt es Leute, die der Landwirtschaft nahestehen, und man hört viel auf die Wissenschaft.“

Allerdings sei die politische Situation für die Landwirtschaft in Kanada besser als in Deutschland. „In der Politik gibt es Leute, die der Landwirtschaft nahestehen, und man hört viel auf die Wissenschaft. Das ist alles realistischer als in Deutschland, wo man vieles emotional und ideologisch getrieben ist. Hier in Kanada wird mehr nach bestem Wissen und Gewissen entschieden“, erzählt der Wahlkanadier. Vielleicht liege das auch daran, dass Landwirte in der Gesellschaft ein hohes Ansehen genießen. Die Landwirtschaft ist ein starker Wirtschaftsfaktor in Kanada.

Vertrauen in die Landwirte

Auch die Bürokratie sei viel unkomplizierter. Es gebe zwar klare Regeln, aber man vertraue viel mehr darauf, dass diese auch eingehalten werden. „In Deutschland lautet die Denkweise eher: Wenn wir dich nicht kontrollieren, gehen wir davon aus, dass du etwas falsch machst: , sagt Thomsen-Jung. Einen weiteren Vorteil sieht er im Miteinander unter Berufskollegen. Es herrsche mehr Respekt unter den Landwirten, der Umgang sei offener und lockerer. Junglandwirte oder Neueinsteiger hätten es einfacher, sich eine Existenz aufzubauen, spricht er aus Erfahrung.

Thomsen-Jung ist in Kanada fest verwurzelt, seit einigen Jahren hat er die doppelte Staatsbürgerschaft. „Alle meine Freunde hier sind Kanadier und ich bin es mittlerweile auch“ sagt er. 

Onlineartikel von Top Agrar (Warum deutsche Landwirte im Ausland wirtschaften), geschrieben durch Vanessa Aufmkolk (31. Juli 2024).

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